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Die Psychologie der Massen

  • Autorenbild: McjWest
    McjWest
  • 15. Nov. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

2023 bin ich auf ein spannendes Buch gestossen, dass mir die ganze Psychologie der Menschenmassen erklärte und mir die Augen öffnete, warum Menschen in einer Masse ganz anderst agieren als wenn sie alleine sind. Das Buch hatte den Titel "Psychologie der Massen" von Gustave Le Bon, gerne fasse ich dir zusammen, welches die wichtigsten Aspekte des Buches sind.


1. Definition der Masse und ihre Eigenschaften

Le Bon beginnt sein Werk mit einer Analyse, was er unter „Masse“ versteht. Dabei geht es nicht einfach nur um eine große Anzahl von Menschen, sondern um eine psychologische Transformation, die auftritt, wenn Menschen sich zu einer Gruppe zusammenschließen. In der Masse verliert das Individuum seine persönlichen Merkmale, und es entsteht eine kollektive Identität. Drei charakteristische Eigenschaften prägen die Masse:

  • Anonymität: In der Masse fühlt sich das Individuum anonym, was zu einer Verringerung der persönlichen Verantwortlichkeit führt. Menschen sind daher eher bereit, Dinge zu tun, die sie alleine möglicherweise als unmoralisch oder riskant ansehen würden. Diese Anonymität schafft das Gefühl, dass man „unbeobachtet“ ist, was den Einzelnen oft zu impulsivem oder sogar destruktivem Verhalten verleitet.

  • Beeinflussbarkeit: Die Masse lässt sich leicht lenken und von äußeren Reizen beeinflussen, insbesondere von charismatischen Personen oder starken Ideen. Die kollektive Stimmung in der Masse kann sich blitzschnell ändern, und Einzelne passen sich oft unbewusst an, um in das Gruppenverhalten integriert zu bleiben. Rationalität und persönliches Urteil treten in den Hintergrund, während Gefühle und emotionale Reaktionen dominieren.

  • Gefühl der Unbesiegbarkeit: Wenn Menschen in der Masse sind, empfinden sie eine Form der „kollektiven Stärke“, die ihnen Selbstbewusstsein und Entschlossenheit verleiht. Sie fühlen sich durch die Zugehörigkeit zur Masse stark, geschützt und im Recht – ein Zustand, der auch risikoreiche oder moralisch fragwürdige Handlungen ermöglicht.


2. Das Unterbewusstsein der Masse

Le Bon legt großen Wert auf die Rolle des Unterbewusstseins in der Masse. Laut ihm ist die Masse stark von Instinkten, Emotionen und unterbewussten Impulsen geprägt. Vernunft und Logik, die das Verhalten des Individuums normalerweise steuern, weichen in der Masse emotionaler Impulsivität. Drei Mechanismen, die das Verhalten der Masse steuern, sind:

  • Instinkte und Emotionen: Emotionen wie Angst, Wut oder Begeisterung breiten sich in der Masse schnell aus, oft verstärkt durch den „psychologischen Ansteckungseffekt“. In diesem Zustand kann die Masse heftig auf kleine Reize reagieren und impulsiv handeln, ohne Rücksicht auf Konsequenzen. Dies erklärt, warum Massen oft irrational und manchmal zerstörerisch agieren.

  • Suggestibilität: Die Masse ist in hohem Maße empfänglich für Suggestionen und Beeinflussung. Das bedeutet, dass Ideen, die von außen kommen – sei es von Anführern oder durch visuelle Symbole – unkritisch aufgenommen werden. Menschen in der Masse nehmen diese Suggestionen oft an, als wären sie eigene Gedanken und sind bereit, danach zu handeln, ohne sie zu hinterfragen.

  • Kollektive Imagination: Massen reagieren oft auf Symbole, Mythen oder vereinfachte Bilder, die starke Emotionen wecken und für sie sinnstiftend sind. Diese kollektive Vorstellungskraft verleiht der Masse eine einheitliche Richtung und kann sie dazu bringen, an eine gemeinsame „höhere Wahrheit“ oder ein gemeinsames Ziel zu glauben. Hierbei spielen nationale Symbole, religiöse Bilder oder stark vereinfachte, polarisierende Meinungen eine bedeutende Rolle.


3. Der Verlust der Individualität

Le Bon betont, dass Menschen in der Masse ihre Individualität und persönlichen Werte verlieren. Das Gruppendenken setzt sich durch, wodurch die Menschen als „Masse“ agieren und ihre Selbstkontrolle und Urteilsfähigkeit einbüßen. Sie fühlen sich durch die Masse abgesichert und verlieren oft den Sinn für moralische und gesellschaftliche Verantwortung. Dadurch können in der Masse Aktionen geschehen, die Einzelne in einem normalen Zustand nicht unterstützen würden. Dieser „Zustand der Entpersönlichung“ führt dazu, dass Individuen, selbst wenn sie friedfertig sind, in der Masse gewaltbereit oder extrem loyal gegenüber einer Sache werden können.


4. Die Rolle der Führer

In Le Bons Theorie spielen charismatische Anführer eine zentrale Rolle. Ohne solche Führungspersönlichkeiten bleibt die Masse oft orientierungslos und impulsiv. Führer übernehmen die Aufgabe, der Masse Richtung zu geben, ihre Emotionen zu kanalisieren und sie auf gemeinsame Ziele auszurichten. Die Methoden, die diese Führer anwenden, sind:

  • Charisma und persönliche Überzeugungskraft: Führer müssen eine natürliche Autorität und die Fähigkeit besitzen, Menschen zu inspirieren. Ihre Ausstrahlung und ihr Charisma machen sie zu zentralen Figuren, die die Masse intuitiv folgt.

  • Einfache, emotionale Botschaften: Da die Masse kaum auf rationale Argumente anspricht, greifen Führer auf stark vereinfachte und emotional aufgeladene Botschaften zurück. Komplexe Konzepte oder abstrakte Ideen haben wenig Wirkung; stattdessen erzeugen einfache Botschaften unmittelbare emotionale Reaktionen.

  • Symbolik und Wiederholung: Wiederholung verstärkt die Botschaften und festigt sie im Unterbewusstsein der Masse. Führer nutzen oft Symbole, Bilder und Mythen, die eine starke emotionale Reaktion hervorrufen. Durch die ständige Wiederholung ihrer Botschaften erzeugen sie ein Gefühl von „Wahrheit“, das nicht mehr hinterfragt wird.


5. Die Dynamik der Masse

Le Bon beschreibt unterschiedliche Arten von Massen, die sich in ihren Strukturen und Zielen unterscheiden:

  • Heterogene Massen: Diese bestehen aus Menschen verschiedener Hintergründe und Meinungen und neigen zu spontanen, oft unberechenbaren Reaktionen. Heterogene Massen kommen meist spontan zusammen, z. B. bei Demonstrationen oder Großveranstaltungen, und sind oft impulsiver.

  • Organisierte Massen: Diese sind strukturiert und haben gemeinsame Ziele, wie politische Parteien oder religiöse Bewegungen. Sie haben oft Anführer und eine klarere Richtung und sind daher stabiler und langlebiger.


6. Positive und negative Aspekte der Masse

Le Bon erkennt an, dass die Masse sowohl positive als auch negative Effekte haben kann:

  • Positive Aspekte: Die Masse hat das Potenzial, großen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Durch gemeinsames Handeln und Solidarität können Massen soziale Reformen und Revolutionen bewirken, die zur Verbesserung der Gesellschaft beitragen.

  • Negative Aspekte: Die Neigung zur Emotionalität und Beeinflussbarkeit kann jedoch auch destruktiv wirken. Massen sind anfällig für Manipulation durch Demagogen und charismatische Führer, die ihre Machtposition ausnutzen. Dies kann zu gewaltsamen Ausschreitungen, Vorurteilen und irrationalen Handlungen führen, die für die Gesellschaft gefährlich sind.


7. Relevanz heute

Le Bons Ideen zur Massenpsychologie sind in der heutigen Zeit weiterhin aktuell, insbesondere im Kontext sozialer Bewegungen und der sozialen Medien. Plattformen wie Facebook und Twitter ermöglichen es, Informationen in Echtzeit zu verbreiten, wodurch sich „digitale Massen“ schnell bilden können. Emotionen wie Empörung und Begeisterung verbreiten sich rasch und wirken sich oft stark auf die Meinungsbildung aus. Auch moderne politische Bewegungen und charismatische Anführer nutzen die von Le Bon beschriebenen Mechanismen wie einfache Botschaften, Symbolik und Wiederholung, um Massen zu mobilisieren.


 
 
 

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